An der Digitalisierung und Automatisierung Ihrer B2B-Vertriebsprozesse führt kein Weg vorbei. Doch wie soll man bei der Masse der Themen den Überblick behalten? Big Data, Predictive Analytics, Künstliche Intelligenz, Social Selling, Remote Selling... In diesem Beitrag bringt Garvin Beer, Head of Sales Intelligence bei SUXXEED, Licht ins Dunkel. Der Digitalisierungsexperte spricht über die Stärken und Schwächen von Technologien und gewährt Einblicke in aktuelle Digitalisierungsprojekte.
Die Digitalisierung des Vertriebs ist keine Zukunftsphantasie mehr, sondern eine dringende Notwendigkeit. Denn die Kunden von heute sind zu einem großen Teil Digital Natives und Millennials. Gewohnheiten aus ihrem B2C-Einkaufsverhalten haben sie ins B2B-Umfeld übernommen: Sie informieren sich im Internet, kaufen am liebsten online ein und treten mit einem Verkäufer erst dann in Kontakt, wenn es sein muss. Fakt ist also: Die Customer Journey beginnt im Internet. Und die digitale Customer Experience hat enormen Einfluss auf die Kaufentscheidung Ihrer Kunden.
Digital heißt: schnelle, effiziente Vertriebsprozesse. Diese erreichen Sie mit einer sinnvollen Kombination von Maschine und Mensch. Das bedeutet maschinelle Unterstützung für Ihre Vertriebsmitarbeiter bei den Dingen, die Maschinen besser können als wir Menschen. Und gleichzeitig: die Erfahrung der Mitarbeiter zu nutzen, z.B. bei der Steuerung der Maschinen. Digital bedeutet also nicht, dass sich Vertriebler durch Maschinen ersetzen ließen! In unseren Digitalisierungsprojekten geht es immer darum, mit der gleichen Anzahl Mitarbeiter unter Zuhilfenahme neuer Technologien mehr zu erreichen: mehr Leads bzw. mehr Umsatz.
Bereits jetzt explodieren die Datenmengen, die eine B2B-Vertriebsorganisation zu bewältigen hat: CRM- bzw. ERP-Systeme, Webshops, digitales Marketing... Genau hier liegt die Herausforderung:
Oft ist das CRM-System leider ein „Datengrab“. Dabei können Sie mit der richtigen Datenaufbereitung und Data Mining Muster in Ihren Kundendaten erkennen und Kunden nach Ähnlichkeiten segmentieren. Die Möglichkeiten der Automatisierung helfen Ihnen, dieser gigantischen Datenmengen Herr zu werden und sie strategisch für Ihren B2B-Vertrieb zu nutzen.
Bei kleinen Datenmengen ist der Mensch oft besser darin, Zusammenhänge zu erkennen. Damit Algorithmen Muster in Daten erkennen, benötigt es nicht 10.000, nicht 100.000, sondern am besten Millionen gleicher Transaktionen.
Praxisbeispiel Big-Data-Analyse B2B-Vertrieb:
Im Ergebnis werden Big-Data-Analysen vermutlich Korrelationen finden und die Ergebnisse nach Branche, Investitionshöhen und/oder Produkten clustern können. Daraus können wiederum Anhaltspunkte abgeleitet werden, um Vertriebsprozesse genau auf Ihre Ziele auszurichten.
! Deshalb mein Tipp: Setzen Sie sich intensiv mit vorhanden Daten in Ihrem ERP auseinander. Welche Datenfelder werden konsequent gepflegt und welche nur sporadisch erfasst? Noch viel wichtiger: Können Informationen eventuell automatisch angereichert werden, sodass massiv Zeit eingespart wird? Wenn ja, nutzen Sie die qualitativ hochwertige Masse an Daten, indem Sie neue Analysemethodiken und Kombinationen ausprobieren.
Praxisbeispiel Einsatz von Webcrawlern im B2B-Vertrieb:
Webcrawler unterstützen Vertriebsorganisationen bei einer der größten Herausforderungen im B2B-Vertrieb: der Identifikation der richtigen Ansprechpartner. Aus einer Online-Pressemitteilung kann der Crawler zum Beispiel herauslesen, dass ein Ansprechpartnerwechsel auf Managementebene erfolgt ist. Der für den Zielaccount verantwortliche Vertriebsmitarbeiter wird automatisch vom CRM-System darüber informiert, und das Buying Center des Unternehmens wird aktualisiert. Perfektes Timing für die Nutzung der Verkaufschance!
Geschriebenes auszuwerten oder zu übersetzen ist bereits gängige Praxis. Das Textverständnis von Schrifterkennungssoftware ist sehr hoch und der Einsatz dessen ist in den letzten Jahren immens angestiegen. Das vermutlich bekannteste Beispiel sind Chatbots. Diese können für ein Unternehmen erste Bedürfnisanalysen durchführen, die Anfragen gruppieren und zielführend weiterleiten. Dadurch werden Kontakte maschinell vorqualifiziert. Die automatische Bearbeitung von Emails durch maschinelles Lesen und Zuordnen von Antworten kann äquivalent eingesetzt werden.
Der Trend geht hin zur Spracherkennung und -steuerung – auch im B2B
Nicht nur die Sprache in Form von Wort und Schrift kann analysiert werden. Mittlerweile sind „Live-Auswertung“ von Gesprochenem möglich. Erleben kann man das im Umgang mit einem Sprachassistenten, wie der Alexa. Dieser übersetzt das gesprochene Wort in einen Befehl, durchsucht eine Datenbank (oder das Internet) nach der Antwort und gibt dann die Antwort wieder als gesprochenen Text aus. Wir starten aktuell erste Pilotprojekte im Bereich der Sprachtechnologie, um Vertriebsgespräche zu analysieren und zu verbessern. Die Automation dessen, dauert meiner Meinung nach allerdings noch. Dennoch wird die Technologie von Tag zu Tag besser und wir wollen die Entwicklung eng im Auge behalten.
Zudem macht Computer-unterstützte Telefonie (Computer Telephony Integration, CTI) telefonische Verkaufsgespräche effizienter. Hier zwei Beispiele, wie Sie Vertriebsmitarbeiter mit CRM-Funktionen unterstützen und coachen können:
Aufgrund der bereits erwähnten digitalen Customer Journey im B2B müssen die Vertriebsprozesse heute deutlich schneller und effizienter sein. Folglich: stärker automatisiert werden. Das Marketing gewinnt künftig dank Marketing und Sales Automation über digitale Kommunikationskanäle hochqualifizierte Leads. Im Anschluss werden diese Verkaufschancen an den Vertrieb zur Weiterbearbeitung übergeben (Inbound Sales). Mit Hilfe von Inbound Marketing Kampagnen und suchmaschinenoptimiertem Content werden so gezielt die Needs & Painpoints bereits vor dem ersten persönlichen Kontakt ermittelt. Diese Marketing-Vertriebsmaßnahmen können sich an einzelne Target Accounts, Ziel-Branchen oder ausgewählte Kundensegmente richten (Field Sales Marketing).
Mit dem Trend Social Selling hat sich ein weiterer Kommunikationskanal im B2B-Vertrieb bereits durchgesetzt. Die Nutzung der Sozialen Medien als zusätzliche Kommunikationskanäle im Vertriebsprozess ist für den B2B-Vertrieb bereits gesetzt. So erzielen unsere Inside-Sales-Teams sehr gute Ergebnisse damit, dass sie Daten über LinkedIn abgleichen und z.B. die Branche, den richtigen Ansprechpartner mit Namen und Position oder das gesamte Buying Center des potenziellen Kunden identifizieren. Gerade an Top-Entscheider von Top-Unternehmen kommen die Vertriebsmitarbeiter so leichter heran. Zudem hilft ihnen auch, wenn sie vor dem ersten Anruf bereits ein konkretes Bild des potenziellen Kunden vor Augen haben.
Remote Selling ist nicht nur aufgrund der Pandemie bedeutsamer geworden. Im digitalen Vertrieb der Zukunft wird viel mehr „aus der Ferne“ passieren: Der Außendienst muss bei viel weniger Kunden in Person vor Ort sein als früher.
Viel wichtiger ist es allerdings, die ganze Klaviatur zu nutzen: Telefon, E-Mail, Vor-Ort-Termine und Social Media.
Der Verkäufer muss präsent sein, überall dort, wo der Käufer unterwegs ist. Gleichzeitig bietet jeder Kanal auch ganz spezifische Vorteile:
Diese müssen gezielt eingesetzt werden sowohl vom Vertrieb und als auch verstärkt vom Marketing.
Die großen Schnittmengen der genannten Bereiche machen die Aufgabe der Digitalisierung Ihres Vertriebs richtig komplex. Doch sie ist zu bewältigen.
Mein Rat: Finden Sie Ihre Struktur, Ihr System, und fokussieren Sie sich zunächst auf ein oder zwei Digitalisierungsprojekte. Wer die digitale Transformation des Vertriebs vorantreibt und als Chance versteht, verschafft seiner B2B-Vertriebsorganisation einen echten Wettbewerbsvorteil.
Richten Sie Prozesse und Tools so ein, dass Ihr Team seinen Output deutlich erhöhen kann: mit Hilfe von Big Data, Automatisierung, neuen Technologien, Social Selling und Remote Selling. Holen Sie sich ggf. einen Partner ins Boot. Machen Sie nur eines nicht: abwarten.
Lesen Sie in diesem Interview, wie Sie mit Hilfe von KI und Web-Crawlern mehr Erfolge bei der B2B-Neukundenakquise erzielen: